Großmutters Vanillekipferl

Vanillekipferl: eine zuckerig-puderige Umhüllung wie eine frisch verschneite Winterlandschaft und ein feines, mürbes Inneres voller Mandel- und Vanillearomen. Wenn du früher in Großmutters Küche saßt und sie vor dir einen Teller mit diesen weihnachtlichsten aller Plätzchen auf den Tisch gestellt hat, warst du dann nicht auch das glücklichste Kind der Welt?

Jeder von uns hat seine ganz persönlichen Lieblingsplätzchen, so sicher auch du. Meine sind Vanillekipferl. Ich weiß nicht warum das so ist. Oder doch?

Vanillekipferl: Reminiszens an die kindliche Weihnachtszeit

Meine Großmütter leben beide leider schon lange nicht mehr. Die eine davon durfte ich nie kennen lernen. Bei der anderen jedoch verbrachte ich einen großen Teil meiner Kindheit. Wie es so ist, wusste ich das damals noch nicht zu schätzen und bin mir sicher, so manch graues Haar auf dem Kopf meiner Großmutter hatte sie mir frechem Bengel zu verdanken.

Als ich 14 Jahre alt war, verstarb sie, und erst hernach wurde mir so richtig bewusst, welch wertvoller Schatz Großmütter wohl im Allgemeinen sind und sie im Speziellen war. Was bleibt, sind die Erinnerungen an ihr gutes Herz, an ihre ungezählten weisen Sprüche und an ihre überragenden Koch- und Backkünste.

Große Experimente wagte sie in der Küche nicht, sie setzte auf Bewährtes. Dies beherrschte sie aber mit einer schlichten Perfektion, die trotz aller Versuche ihrer Kinder und Enkel, sie nachzuahmen, bis heute unerreicht ist und wohl für immer bleiben wird.

Großmutters Plätzchen waren die Besten

Dies gilt auch für die Weihnachtsbäckerei. Klassisches wurde dargeboten wie Ausstecherle, Haselnussmakronen, Bärentatzen… und eben Vanillekipferl. Und der kleine Dirk, der sich – ganz speziell zur Weihnachtszeit – ohnehin nur von Süßkram ernährt hätte, wenn Eltern und Großeltern nicht darüber gewacht hätten (und was sie heute nicht mehr tun, yummiyummi), war schon damals auf die Vanillekipferl scharf wie Rasierklinge.

Dabei litt ich regelmäßig und über alle Maßen unter dem alljährlich herrschenden Marktungleichgewicht. Du erinnerst dich, dieses Dingens mit Angebot und Nachfrage, was den Wert einer Sache bestimmt. Die „Nachfrage“ von klein Dirk jedenfalls ging gegen unendlich, wohingegen das Angebot natürlich begrenzt war (und von der restlichen Familie zudem streng bewacht wurde, was die Sache für mich nicht besser machte).

Vanillekipferl sind ein hauptsächlich in Süddeutschland, Österreich und Tschechien (dem ehemaligen Böhmen) verbreitetes Weihnachtsgebäck. Weitestgehend unklar ist jedoch, woher der Brauch, zur Weihnachtszeit Plätzchen zu backen, überhaupt stammt. Man weiß nur, dass bereits in vorchristlicher Zeit Kleingebäck als heidnische Opfergabe verspeist wurde. Die christlichen Missionare deuteten die heidnische Sonnwendfeier dann kurzerhand zum Weihnachtsfest und die symbolbehafteten Kekse unserer Vorfahren zu Weihnachtsgebäck um.

Wer hat sie erfunden, Omas Vanillekipferl?

Das an eine Mondsichel erinnernde Kipferl wurde bereits im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Ins Reich der Legenden gehört damit wohl die Geschichte, es sei von einem Wiener Bäckermeister als Hohn über die erfolglose Türkenbelagerung erschaffen worden. Dennoch sind Vanillekipferl einer Umfrage zufolge der Österreicher beliebtestes Weihnachtsgebäck, noch vor den Spitzbuben, die in Österreich Linzer Augen genannt werden.

Die Vanille selbst, wichtigste Zutat der Vanillekipferl, wurde erst ab dem frühen 19. Jahrhundert in Europa verbreitet, war aber für den Weihnachtsplätzchen backenden Normalbürger unerschwinglich teuer. Erst als 1874 die synthetische Herstellung von Vanillin erfunden wurde, konnten die Vanillekipferl ihren Siegeszug antreten.

Und wer hat sie nun erfunden? Hättest du klein Dirk gefragt, hätte der bestimmt geantwortet: „Meine Oma!“

Übrigens, falls du noch mehr weihnachtlichen Naschkram suchst, dann schau doch mal hier!

4 von 1 Bewertung

Grossmutters Vanillekipferl

Aussen wie eine frisch verschneite Winterlandschaft und innen voller Mandel- und Vanillearomen: Grossmutters Vanillekipferl sind einfach die Besten!
Vorbereitungszeit 1 Stunde
Zubereitungszeit 1 Stunde
Teigruhe 2 Stunden
Gesamtzeit 3 Stunden

Zutaten

Vanillepuderzucker

  • 500 g Zucker
  • 2 ausgekratzte Vanilleschoten

Vanillekipferl

  • 120 g Mandeln geschaelt
  • 2 ausgekratzte Vanilleschoten
  • 80 g Zucker
  • 270 g Mehl
  • 200 g kalte Butter
  • 2 Eigelb
  • Mark von 4 Vanilleschoten
  • 1 Prise Salz

Anleitungen

Vanillepuderzucker

  • Den Zucker und die ausgekratzten Vanilleschoten in einem Mixer bei hoechster Stufe zu feinem Vanillepuderzucker vermahlen. Je nach Groesse des Mixers in mehreren Schritten arbeiten.

Vanillekipferl

  • Die Mandeln im Backofen bei 140 Grad Umluft 10-15 Minuten goldgelb roesten und abkuehlen lassen, dann mit dem Mixer fein mahlen.
  • Die ausgekratzten Vanilleschoten, den Zucker und etwa ein Drittel des Mehls zu den gemahlenen Mandeln in den Mixer geben und alles zusammen sehr fein vermahlen.
  • Zusammen mit den restlichen Zutaten von Hand rasch zu einem glatten Teig kneten, diesen in Klarsichtfolie eingeschlagen 2 Stunden im Kuehlschrank ruhen lassen.
  • Den Backofen auf 200 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen.
  • Aus dem Teig Kipferl formen und etwa 9-10 Minuten backen. Dabei achtgeben, dass die spitzen Enden der Kipferl nicht zu dunkel werden.
  • Zwei Minuten auskuehlen lassen und dann (noch warm) im Vanillepuderzucker waelzen, bedarfsweise ein zweites Mal nach dem vollstaendigen Auskuehlen.

Tipps und Tricks

– Manche meinen es besonders gut und verwenden die teure Tahitivanille. Diese besitzt jedoch weniger Vanillin, dafuer noch andere blumige Aromen, die in manchen Gerichten durchaus ihre Berechtigung haben. Hier wollen wir aber das typische, intensive Vanillearoma der Gewuerzvanille, im Handel meist Bourbonvanille genannt.
– Die intensivsten Vanillearomen stecken nicht etwa im Mark, sondern in der Schote selbst. Das ist auch der Grund, weshalb sie hier – fein vermahlen – mit verwendet wird.
Autor: Dirk Staudenmaier
Gericht: Suessspeisen
Küche: Deutschland, Österreich
Keyword: Adventszeit, Mürbeteig, Plätzchen, traditionell, Weihnachtsgebäck, Weihnachtszeit, Winter

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16 Kommentare zu „Großmutters Vanillekipferl“

  1. Das sind auch meine Lieblingsplätzchen. Erfunden hat sie selbstverständlich NICHT Deine Oma; das war nämlich meine 😉
    Und die sind dann mit Walnüssen statt Mandeln….und genau wie Deine unnachahmlich.

  2. Meine Oma hat Anisplätzchen erfunden…. Vanille-Kipferl hab ich in die Familienbackstube eingeführt und hab bislang noch keine besseren gegessen- verwende auch jedemenge gemahlener Vanille. Also, da täte mich ein Vergleich schon interessieren…

        1. Übrigens habe ich jetzt festgestellt: Frisch sind sie mit Ei weniger mürbe. Aber die Mürbheit (?) zieht nach ein paar Tagen schwer nach. Ich kann ihre Textur mittlerweile nicht mehr von welchen ohne Ei unterscheiden. Aber um die Glaubensfrage kommen wir natürlich trotzdem nicht rum, schon klar… 😉

  3. Ein sehr schöner Bericht, lieber Dirk! Meine Oma hat leider nie Plätzchen gebacken und tut das auch heute noch nicht. Dafür hat sie den Osterkuchen erfunden und der schmeckt mindestens genauso gut 🙂

    Und dein Vanillekipferl sehen herrlich aus, schön mürbe, wie ich sie auch am liebsten mag! Kennst du dich gut mit Vanilleschoten aus? Darf ich fragen, welche Sorte du verwendet hast? Tahiti, Bourbon, Madagascar? Die Unterschiede sind in meinen Augen teils frappant.

  4. Hallo,

    ein wunderbarer Artikel, leider hab ich dieses Jahr schon so viele Plätzchen gebacken. Aber wenn ich noch irgendetwas backe, dann DIESE Plätzchen. 🙂
    ich würde dich gerne zu unserem Foodblog Weihnachtsevent auf Küchenplausch einladen: http://www.kuechenplausch.de/events/cmviews/id/182 .
    wir würden uns freuen, wenn auch du mit einem weihnachtlichen Rezepte teilnimmst.
    Außerdem gibt es viele tolle Preise zu gewinnen und schon einige Weihnachtsrezepte zu entdecken.

    Ich wünsche dir noch eine schöne Weihnachtszeit!

    Liebe Grüße
    Isabell

  5. 4 Sterne
    Der Enkel kann die Oma noch locker toppen: Eigelb weglassen!
    Dann machen die Dinger im Mund Puff und zerstieben in reinem Wohlgeschmack.

    (Meine Großmutter aß am Liebsten Dickmilch mit Pellkartoffeln. Seither habe ich einen Ekel vor allen Speisen, die Fäden ziehen. Natto ausgenommen.)

    1. Ich stehe ja eigentlich zu dem Eigelb, wie bereits erwähnt. Doch vielleicht werde ich es nächstes Jahr einmal ohne Eigelb versuchen… 🙂 Dickmilch gab´s bei meiner Oma auch. Mit altem, hartem Schwarzbrot darin eingeweicht. Weggeworfen wurde (so gut wie) nichts.

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